Beifall für Lilith

Guck mal, das bin ich (Anthologie-Text)

Buchtitel:

Beifall für Lilith

Autorin:

Anne Birk et al.

Literarische Gattung:

Anthologie

Text von Anne Birk:

Guck mal, das bin ich

© Copyright ‚Guck mal, das bin ich‘:

ROGEON Verlag

eBook-Cover:

Anne-Birk-Guck-mal-das-bin-ich-Anthologie-Text-Beifall-fuer-Lilith-ROGEON-Verlag-Titelbild

Kurzübersicht

Über nachstehende Links gelangen Sie direkt zum jeweiligen Seiten-Abschnitt bezüglich ‚Beifall für Lilith‘ von Anne Birk et al. mit dem Anthologie-Beitrag der Autorin ‚Guck mal, das bin ich‘:

Buchvorstellung

Erschienene Ausgaben

Pressestimmen & Rezensionen

Inhaltsverzeichnis | Kapitel

Text von Anne Birk hier lesen

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Buch-Vorstellung

»Wer von dieser Anthologie Texte erwartet, durch die brutale Mannsbilder stapfen, wird enttäuscht sein.

Die Gewalt, mit der sich die Arbeiten von über 30 Autorinnen auseinandersetzen, kommt oft ganz alltäglich daher, bleibt hinter der soganannten Normalität verborgen, ist geradezu ein Teil von ihr.

Eine Hausfrau, die für Mann und Kinder alles und sich selbst aufgibt, landet in der Psychiatrie. Die Hausgemeinschaft unterwirft jeden einer despotischen Kontrolle. Schule und Altersheim verformen das ihnen ausgelieferte Leben. In eine späte Begegnung mit einer Jüdin wirft die Geschichte ihre langen Schatten. Und immer wieder das Thema Krieg aus der Sicht der Betroffenen.

Hierbei werden Frauen nicht zu engelgleichen Opfern stilisiert, sondern nicht selten selber zu Tätern, die sich wehren, auszubrechen versuchen.

Die Texte, formal vielseitig und von spannungsreicher Widersprüchlichkeit, gehen ihr Thema aggresiv, ironisch, einfühlsam oder kühl distanziert an. So entsteht ein Bild mit Ecken und Kanten, mit dem sich der Leser auseinandersetzen muß.«

(Abdruck des Einbands | Alkyon Verlag)

»Die Initiative der schreibenden Frauen in Baden-Württemberg wurde vor zehn Jahren gegründet, weil Autorinnen in einem vorwiegend von Männern beherrschten Literaturbetrieb immer wieder die Erfahrung gemacht haben, daß sie ins Hintertreffen geraten.

Frauen schreiben anders, weil sie anders leben, weil sie andere Erfahrungen machen, weil sie viele Dinge aus anderer Sicht betrachten als Männer.

Es geht in dieser Anthologie ebenso wenig wie in den drei anderen, die die Initiative bisher herausgegeben hat, um die Diskussion einer weiblichen Ästhetik oder den Hinweis, daß es um die Chancengleicheit in vielerlei Hinsicht nicht allzu gut bestellt ist.

Es geht in erster Linie um literarische Texte. Frauen sollen die Möglichekit haben, für ihre Texte soviel öffentlichen Raum und soviel Aufmerksamkeit zu bekommen, wie sie für ihre Entwicklung beim Schreiben brauchen.

Die bisherigen Anthologien hatten sich vorgenommen, die Fülle der Themen, die Frauen heute beschäftigen, in ihrer ganzen Breite sichtbar zu machen.

Der vorliegende Band ist unter ein bestimmtes Thema gestellt worden, das Thema Gewalt, das in unserer Gesellschaft zu einem drängenden Problem geworden ist.

Wer erwartet, daß vorwiegend Machos durch die Texte stapfen, der wird enttäuscht sein.

Die gibt es, und es gibt sie auch in diesen Texten. Sie stehen aber keineswegs im Vordergrund. Der überwiegende Teil der Texte befaßt sich mit der latent vorhandenen Gewalt, die man nicht sofort wahrnimmt, die erst auf den zweiten Blick deutlich und durchschaubar wird, sei es in der Familie, am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft oder in der Gesellschaft.

Das Thema Krieg ist allgegenwärtig, die deutsche Geschichte wirft ihren langen Schatten.

Dabei gehen die Autorinnen ihr Thema in der unterschiedlichsten Weise an. Lyrik, Brief oder kurze Prosaformen stehen nebeneinander. Die Autorinnen nähern sich ihren Figuren ironisch distanziert, einfühlsam, oder setzen sich mit ihnen aus je wechselnden Perspektiven kritisch auseinander.

Auf diese Weise bietet der Band nicht nur eine Vielzahl von Aspekten zum Thema, sondern literarische Texte, die sprachlich überlegt durchgestaltet sind und den Leser durch ihre literarische Qualität gleichermaßen zu fesseln vermögen.«

(Anne Birk – Nachwort zur Anthologie)

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Erschienene Auflagen & Ausgaben

Auflagen und Ausgaben von ‚Beifall für Lilith‘:

1. Print-Auflage
Alkyon Verlag
Hrsg.: Anne Birk, Birgit Heiderich, Regine Kress-Fricke, Vera Zingsem
ISBN-13: 978-3-926541-17-2
Erscheinungsjahr: 1991
186 Seiten
Paperback
Vergriffen

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Anne-Birk-Anthologie-Beifall-fuer-Lilith-Buch-Umschlag-Alkyon-Verlag-ISBN-9783926541172-Front-Vorderseite
Anne-Birk-Anthologie-Beifall-fuer-Lilith-Buch-Umschlag-Alkyon-Verlag-ISBN-9783926541172-Back-Rückseite

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Pressestimmen & Rezensionen

Im Folgenden finden Sie einen Abdruck ausgewählter Pressestimmen & Rezensionen zu ‚Beifall für Lilith‘ von Anne Birk et al.:

| in Bearbeitung |

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Inhalt des Buches

Inhaltsverzeichnis | Kapitel

Die Anthologie ‚Beifall für Lilith‘ mit der Schriftstellerin Anne Birk beinhaltet folgende Kapitel bzw. Abschnitte:

Gewalt in der Familie

  • Malter (Marjaleena Lembcke-Heiskanen)
  • Die Fröhlichkeit der Steine (Renate Gleis)
  • Dysfunktion (Birgit Furrer)
  • Mitja (Elvira Reusch)
  • Alma Larsen (Entpuppt)
  • Ursula Jetter (Das Täschchen)

Krieg

  • Ich hake mich beim Wind (Susanne Levin-Ali)
  • Scharfe Ware (Rosemarie Bronikowski)
  • Krieg (Sylvia Keyserling)
  • Frühlingsgedicht (Sylvia Keyserling)
  • Nie komme der Tag (Sylvia Keyserling)
  • Vielleicht hört er meinen Atem (Roswitha Fröhlich)
  • Finderlohn (Eva Vargas)

Gewalt im Gefolge sozialstaatlicher Institutionen

  • Auf die sanfte Tour (Lotte Betke)
  • Höhere Gewalt (Norgard Kohlhagen)
  • Doris Lott (Ein Herz für Kinder)
  • Christa Hagmeyer (Ihr Kinderlein kommet)

Staatliche Gewalt

  • Zeitgefühl (Christine Lambrecht)
  • ‚Schön, daß Sie kommen!‘ (Lu Sponheimer)
  • Sehr geehrter Herr Polizeipräsident (Elke Erb)
  • Friedensverletzungen (Gudrun Reinboth)
  • Lächeln verboten (Emma Guntz)
  • WORTUNSCHATZ (Zsuzsanna Gahse)
  • Hüter der Ordnung (Ingrid Isermann)
  • Systematisch (Ingrid Isermann)

Kindheit

  • Der Wunderknabe – oder Der Dompteur hätte überlebt, wäre das Wunder weiblich gewesen (Regine Kress-Fricke)
  • Video-Mutprobe (Roswitha Fröhlich)
  • Kriegsspiele 1921 (Liz Wieskerstrauch)
  • Gewehre (Sybille von Bremen)

Gewalt der Verhältnisse

  • Guck mal, das bin ich (Anne Birk)
  • Die von nebenan (Elfi Hartenstein)
  • Gründlicher Bericht (Tina Stroheker)
  • Mit Adam und Eva fing alles an (Vera Zingsem)
  • Mein Gesicht (Heima Hasters)
  • Mauerbeziehungen (Jutta Natalie Harder)
  • Die Stadt der Scherenschleifer (Charlotte Ueckert)
  • Moments pas musicaux (Irmgard Perfahl)
  • Die Türkin (Susanne Levin-Ali)
  • wortwechsel (gisela gorenflo)
  • SCHWEIGEN (gisela gorenflo)
  • Liebes-Knast (Eva Vargas)

Männergewalt

  • Die Bilder überwältigen ihn (Elisabeth Alexander)
  • Rache ist weiblich – oder Die getäuschte Liebe (Maja Langsdorff)
  • Sommerabend (Maria Soulas)
  • objekt individueller begierde – oder männerängste (gisela gorenflo)
  • Blind (Alma Larsen)
  • Geburtstag (Dorothea Iser)
  • In Zivil auf die Maimesse gehen (Karin Voigt)

Gewalt am Arbeitsplatz

  • Das Hündchen (Sigrid Schuster-Schmah)

Nachwort von Anne Birk
Zu den Autorinnen und Herausgeberinnen

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‚Guck mal, das bin ich‘ (ungekürzt)

Nachstehend können Sie den Anthologie-Text ‚Guck mal, das bin ich‘ der Schriftstellerin Anne Birk in voller Länge hier lesen:

Anne-Birk-Guck-mal-das-bin-ich-Anthologie-Text-Beifall-fuer-Lilith-ROGEON-Verlag-Titelbild

»Und du kannst wirklich nicht herausfinden, wo ich bin? Jetzt versuch es halt nochmal!

Die kleine Christine fährt mit dem Finger die Reihen der Schulmädchen ab und schüttelt schließlich den Kopf.

Die sehen doch alle gleich aus, wie soll ich dich da herausfinden. Alle haben sie einen Mittelscheitel und Zöpfe.

Ich sehe mir das Bild nochmals an. Stimmt, sage ich, und einen kleinen Bubikragen und wollene Strümpfe haben sie auch alle. Und schwere Halbschuhe mit dicken Sohlen. Ja, das ist wahr, sie sehen alle gleich aus, und ich bin vielleicht zu jung, da kannst du mich nicht erkennen. Probier es mal mit der dritten von links in der zweiten Reihe.

Sie nimmt mein Album auf ihre Knie und studiert die Zöpfe der dritten von links.

Ich schaue auf die Uhr. Noch eine Stunde muß ich mit ihr herumbringen, bis ihre Eltern sie abholen. Jetzt hat sie sich auf mein altes Album kapriziert, weil sie wissen will, wie ich ausgesehen habe, als ich so alt war wie sie und in die zweite Klasse ging.

Na ja, wenn man ganz lange hinschaut und sich die Falten wegdenkt, dann kommt dein Gesicht vielleicht unter den Zöpfen hervor, sagt sie schließlich.

Da kannst du mich noch nicht erkennnen, weil ich noch zu jung bin, erkläre ich ihr die Sache noch einmal und blättere weiter.

Da, schau, da erkennt man mich schon besser. Es ist das Bild von meinem Tanzstundenabschlußball, und mir fällt zum ersten Mal auf, daß alle Mädchen die Beine zusammengeklemmt haben und in schräger Stellung mit nach rechts gedrückten Knien auf den Spitzen ihrer Schuhe stehen, obwohl sie doch auf gewöhnlichen Stühlen sitzen. Nur eine einzige hat die Beine leger übereinandergeschlagen. Die ganze Haltung wirkt affektiert und so, als sei man nur für einen kurzen Augenblick auf den Stuhl gesunken.

Die haben ja fast alle nackte Schultern und höchstens ein Tuch darüber, stellt Christine sachlich fest.

Na ja, sage ich, das galt damals als der letzte Schrei. In das Oberteil des Kleides war ein richtiges kleines Korsett eingearbeitet, damit alles schön zusammenhielt.

Aha, sagt Christine, dann muß das aber ganz schön kneifen, wenn das so eng ist.

Ja, sage ich, natürlich, und richtig Luft holen konnte man auch nicht darin.

Und warum hast du das dann angezogen? fragt Christine verwundert.

Weil es Mode war und weil es schön war und weil alle andern es ja auch anzogen und es ihnen nichts auszumachen schien, da habe ich halt gedacht, daß ich mich auch daran gewöhnen würde.

Hm, sagt Christine, und prüft das Bild noch einmal genau, dachdem sie gründlich nachgedacht hat.

Aber so einen großen spitzen Busen wie auf dem Bild hast du doch gar nicht.

Nein, natürlich nicht, antworte ich, aber das habe ich dir doch schon gesagt, daß das alles eingenäht war in das Kleid.

Der Busen auch? fragt sie ungläubig. Gewissermaßen ja. Jedenfalls war Größe und Form durch das Korsett vorgeegeben.

Diesmal bist du die zweite von rechts! ruft sie. Na, na, schau mal genauer hin. Ich spiele ein wenig die Beleidigte, weil sie mich nicht erkennt.

Die vierte von links, na, guck mal, das bin ich. Sie sieht zuerst mich und dann nochmal das Bild prüfend an.

Aber du hast doch keine blonden Locken, die bis auf die Schulter herabgehen, du hast überhaupt keine blonden Haare, du hast braune Haare.

Ja natürlich habe ich braune Haare, aber damals wollte ich alles, bloß keine braunen Haare haben. Alle wollten blonde, hellblonde, wasserstoffsuperoxydblonde Haare haben wie Marilyn, das verstehst du nicht, wir wollten eben alle aussehen wie ein Star.

Wie Madonna, womöglich, sagt Christine. Genau, antworte ich erleichtert, die macht Marilyn auch bloß nach.

Sag das nicht. Jetzt wird Christine ernst. Madonna ist super, einfach super.

Ja, sag ich, ja, das wird wohl so sein, und blättere weiter.

Hier, sage ich schließlich hoffnungsvoll, hier wirst du mich bestimmt herausfinden und zeige auf ein Bild mit drei Frauen vor einem Brunnen. Christine denkt nach. Die rechte, sagt sie dann in bestimmtem Ton.

Ach wo, sage ich, das ist meine Freundin Gabi. Dann die linke. Jetzt ist ihre Stimme schon merklich unsicherer.

Guck her, das hier bin ich, sage ich und deute auf die Person in der Mitte.

Aha, sagt sie, jetzt hast du die Haare aber dunkel wie die anderen und so komisch vorgezogene Schwänzchen über die Ohren. Bist du da erkältet gewesen?

Wieso?

Weil du so ganz blasse Lippen und dunkle Schatten um die Augen hast.

Ach woher denn, schau, die andern beiden haben das doch auch. Da hat man sich dunkle Striche um die Augen gemacht, damit sie größer aussehen, und die Lippen wurden ganz hellrosa geschminkt. Das hat dann die Augen noch größer erscheinen lassen.

Hm. Und warum tragt ihr so komische Röcke, die ums Knie geschnürt sind?

Die sind nicht ums Knie geschnürt, die sind nur sehr eng.

Darin kann man aber gar nicht weglaufen, oder?

Nein, weglaufen kann man darin nicht, aber mit solchen Bleistiftabsätzen, wie wir sie hier anhaben, kann man sowieso nicht rennen, da bleibt man in jedem Gitter hängen und rutscht auf jedem Kopfsteinpflaster in die Fuge, da kommt es auf den Rock schon gar nicht mehr an, da ist es egal, ob der eng oder weit ist.

Aber warum ziehst du so etwas an, manchmal muß man doch davonrennen können, sonst…

Wegen der Mode, der Schönheit, der anderen will ich wieder sagen, fühle mich aber sehr unbehaglich dabei, einfach noch einmal herunterzusagen, was ich doch schon gesagt habe.

Als es läutet und Christines Eltern ihre Tochter ausnahmsweise etwas früher abholen, bin ich erleichtert, nicht weiterhin Dinge erklären zu müssen, die einigermaßen schwer zu erklären sind.«

© Anne Birk | Alle Rechte vorbehalten

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